Gut gezogen

In jüngster Vergangenheit fiel mir häufiger auf, dass im Zusammenhang mit der Ernährung von langgezogenem Tee die Rede ist. Wie zieht man denn eine Flüssigkeit in die Länge? Okay, wer einen marokkanischen Thé à la menthe bestellt, bekommt eine Tasse hingestellt, und der Einschenkende (machen das eigentlich auch Frauen?) setzt die Tülle der Teekanne knapp über der Tasse an und gießt das Getränk ein, indem er die Kanne im weiten Bogen nach oben zieht. Aber davon ist wohl nicht die Rede.

Vielleicht muss man anders herum an die Sache herangehen. lang bezieht sich im Deutschen vorwiegend auf das Maß einer Strecke, während für das Maß eines Zeitraums häufiger die Form „lange“ verwendet wird. Allerdings ist auch „lang“ für die Zeit nicht falsch. Für „ziehen“ schließlich führt der Duden mehr als ein Dutzend Bedeutúngen auf. Wer soll den „langgezogenen Tee“ also als falsch brandmarken oder als richtig (wenn auch nur durch Gewohnheit) bestätigen?

Betrachten wird die Sache mal auf folgende Weise: Der Tee in diesem Sprechbild ist nicht langgezogen, sondern hat lange gezogen. Deshalb würde ich unbedingt für „Tee, der lange gezogen hat“ plädieren und, wenn es schon ein „kürzeres“ Adjektiv sein muss, „gezogen“ mit einem Adverb näher beschreiben: „lange gezogener Tee“. Als „schief“ empfinde ich aber auch das.

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