Der wohl größte Aufreger der Sprachpolizei seit vielen, vielen Jahren ist der so genannte Deppen-Apostroph. Und nach meinem Gefühl regen sich vorwiegend Leute auf, die über den Apostroph sehr wenig wissen.
Zum Beispiel das grammatikalische Geschlecht, laut Duden maskulin. Leute, die mich gut kennen, wirft allein das erst mal die Frage nach der Apostrophin auf. Aber ich will ausnahmsweise gar nicht spitzfindig werden. Nach meinem Gefühl versächlichen die meisten fälschlich ohnehin: das Apostroph.
Dabei gibt es sonst eigentlich eher wenig Hürden. Der Apostroph ist ein Auslassungszeichen, das jeweils ein Schriftzeichen, ein ungeschriebenes (ungesprochenes) Zeichen oder eine Silbe ersetzt. Duden-Beispiele wären:
- Schlaf nun selig und süß, schau im Traum ’s Paradies.
- Dass aber der Wein von Ewigkeit sei, daran zweifl’ ich nicht …
- Ein einz’ger Augenblick kann alles umgestalten.
- ’s ist schon spät.
- Das Wasser rauscht’, das Wasser schwoll …
Aber zurück zum Deppen-Apostroph. Damit wird von der Sprachpolizei ein Apostroph bezeichnet, das (vermeintlich) an der falschen Stelle gesetzt wurde, zum Beispiel in den Namen von Unternehmen: Annemarie’s Antiquitäten oder Hannelore’s Haarstudio. Meistens beherrschen die Kritiker:innen ein bisschen Englisch und haben irgendwann gelesen, dass es im Deutschen kein Genitiv-Apostroph gibt. Das ist aber nur halb richtig!
Wir erinnern uns: Der Duden ist ein deskriptives Wörterbuch, das beschreibt, was üblich ist, nicht was richtig ist. So steht zum Beispiel zu lesen:
Duden, Sprachwissen, Rechtschreibregeln, D16:
- Der Apostroph steht bei Namen anstelle der Endung -s, wenn beide der folgenden Bedingungen zutreffen:
ZUM BEISPIEL
- Die Grundform des Namens geht auf s, ss, ß, tz, z, x, ce aus. (Bei fremden Namen können diese Buchstaben in der Grundform auch stumm sein.) <§ 96 (1)>
- Dem Namen geht kein Artikel oder Pronomen voran.
- Hans Sachs’ Gedichte, Le Mans’ Umgebung, Grass’ Blechtrommel, Voß’ Übersetzung, Ringelnatz’ Gedichte, Cádiz’ Hafen, Marx’ Philosophie, das Leben Johannes’ des Täufers, Maurice’ Freundin, Amiens’ Kathedrale, Dumas’ Werke, Bordeaux’ Zentrum
- Aber mit Artikel o. Ä.:
die Gedichte des Hans Sachs, das Leben des Johannes, die Streiche unseres kleinen Tobias- Der Apostroph wird gelegentlich zur Verdeutlichung der Grundform eines Personennamens gebraucht:
- vor dem Genitiv-s; ZUM BEISPIEL
- Andrea’s Blumenecke (zur Unterscheidung vom männlichen Vornamen Andreas)
- Willi’s Würstchenbude
- vor der Adjektivendung -sch
- ZUM BEISPIEL
- die Grimm’schen Märchen (neben: die grimmschen Märchen)
- der Ohm’sche Widerstand (neben: der ohmsche Widerstand)
- Normalerweise wird vor der Genitivendung -s kein Apostroph gesetzt. Vor dem Plural-s steht nie ein Apostroph.
- ZUM BEISPIEL
- Brechts Dramen
- Hamburgs Reedereien
- Wenn dem Wort der Artikel oder ein Pronomen vorangeht, steht im Genitiv nie ein Apostroph.
- ZUM BEISPIEL
- des Studios, des Shops
- Vor dem Plural-s steht nie ein Apostroph.
- ZUM BEISPIEL
- die Studios, die Shops
- Auch im Genitiv und im Plural von Initialwörtern und Abkürzungen steht kein Apostroph.
- ZUM BEISPIEL
- des Lkws (neben: des Lkw)
- die GmbHs (selten: die GmbH)
- B.s Dramen
- des Bds.
Wie ihr vielleicht bemerkt habt, wird vielerorts, wo viele von uns einen Apostroph vermuten würden, gar keiner vorgesehen. Und das ist auch, wohin der Trend geht.
Für einen „schrecklichen“ Apostroph halte ich zum Beispiel den, der immer häufiger bei den allgemein üblichen Verschmelzungen von Präposition (Verhältniswort) und Artikel: ins, ums, durchs, übers usw. In diese Formen einen Apostroph zu quetschen, ist schlichtweg ein Rechtschreibfehler.
Und eine letzte nützliche Erleichterung (Duden, Sprachwissen, D14), die speziell erwähnt werden soll:
- Kein Apostroph wird üblicherweise gesetzt bei Verbindungen der Kurzform des Pronomens es mit dem vorangehenden Wort – sofern das Lesen nicht erschwert wird.
- ZUM BEISPIEL
- Wie gehts (auch: geht’s) dir?
- Sie machte sichs (auch: sich’s) bequem.
- Wenns (auch: Wenn’s) weiter nichts ist …
- Aber eher: Sie weiß, wo’s langgeht.
Eine Sache noch. Wenn ihr einen Apostroph verwendet, dann bitte, bitte in der richtigen Form und Ausrichtung. Zwar fällt das Zeichen in unterschiedlichen Schriftarten unterschiedlich aus, aber im Prinzip ähnelt es einem Komma, das oben an die Versalhöhe grenzt:
Apostroph: ’
Es ist also oben breiter als unten, und geht links unten zu Ende. Ich persönlich finde es extrem störend, dass gerade in der Werbung und in Produktbenennungen/-beschreibungen so oft die umgekehrte Version verwendet wird, ein deutsches, einfaches, schließendes typografisches Anführungszeichen:
Kein Apostroph: ‘
Und noch schlimmer, wenn ein Akzent zweckentfremdet wird: