Angela und der Duden

Neulich waren die Nachrichtendienste im Internet voll mit Hinweisen auf ein Interview mit Angela Merkel anlässlich der Tatsache, dass sie an einem Buch schreibt. Eine Frage war, ob die Bundeskanzlerin gendert? Ihre Antwort: Nur in Ausnahmefällen. In der DDR zum Beispiel sei sie Physiker gewesen, das stände so auch in ihrem Abschlussdiplom. Heute allerdings würde sie auf die Frage nach dem erlernten Beruf eher mit „Physikerin“ antworten. Ansonsten würde sie sich aber strikt nach dem Duden richten.

Dabei sollte man wissen, dass die Duden-Redaktion selbst 2013 darauf hinwies, dass sie die Sprache nicht mache (normative Linguistik), sondern objektiv abbilde (deskriptive Linguistik). So steckt das Wörterbuch voller Empfehlungen zum jeweils aktuellen Sprachgebrauch, ohne etwas absolut festzuschreiben. Und wahrscheinlich hält sich niemand zu 100 Prozent an diese Empfehlungen.

In meinen vielen Jahren als Journalist und Übersetzer vornehmlich für Texte aus dem IT- und Computerbereich haben wir zum Beispiel niemals das vom Duden bevorzugte 3-D– benutzt, eben weil es 3 und D häufig am Zeilenende voneinander trennt, was man lieber vermeiden möchte und sollte. Deshalb haben wir stets die alternative Form 3D- bevorzugt.

Beim Gendern kann man sich außerdem an vielen Stellen über den Duden ärgern, denn die deskriptive Zeitgeistbeschreibung kann durchaus auch die Fronten der Debatte verhärten.

Schlagt doch zum Beispiel mal die Stichwörter Mensch und Menschin nach. Zwar steht in der Beschreibung, dass die „weibliche“ Form meistens eher scherzhaft verwendet wird, aber das ändert nichts daran, dass ich sie zum Beispiel nicht verwenden werde. Was käme als Nächstes? Mensch:innengedenken, Mensch:innenskinder, Mensch:innenheit, Mensch:in Meier?

Da hat mir der vergleichbare „Scherz“ von Dunya Hayali im Morgenmagazin schon besser gefallen. Obwohl die Möglichkeit besteht, dass ich mich einfach nur verhört habe, kam es mir so vor, als hätte sie eine Zuschauerin mit folgenden Worten angesprochen: „Sie als Krankenschwesterin “.

Mehr zum Gendern demnächst (vielleicht)!

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